Wir freuen uns, anlässlich des Erscheinens der Publikation „Glück Auf – Lebensgeschichten koreanischer Bergarbeiter in Deutschland“ gemeinsam mit dem Center for Korean Studies der Universität Tübingen sowie dem Korea-Verband den Booklaunch zu feiern. Der Herausgeber des Buches You Jae Lee ist nicht nur Gründungsmitglied von korientation, sondern selbst Sohn eines ehemaligen Bergarbeiters und forscht als Lehrstuhlinhaber der Koreanistik Tübingen zu den Migrationsbewegungen zwischen der koreanischen Halbinsel und Deutschland. Wir freuen uns daher ganz besonders, dass wir mit diesem Interviewband die Gelegenheit haben, die Geschichten unserer Väter einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen zu können, die bislang in der deutschen Gesellschaft kaum Beachtung gefunden hat.
Dabei beschäftigen uns unter anderem die folgenden Fragen: Welche Erinnerungen an die Arbeit im Bergwerk sind noch am stärksten? Welche Ereignisse trugen dazu bei, sich langfristig für ein Leben in Deutschland zu entscheiden? Welche Strategien entwickelten sie, um mit den Herausforderungen im Alltag umzugehen, den Ausschlüssen, Barrieren und Diskriminierungserfahrungen in der deutschen Gesellschaft? Wie prägen die Erfahrungen und Erzählungen der ersten Generation auch die Lebensentwürfe der zweiten Generation? Was passiert, wenn erste und zweite Generation bewusst gemeinsam auf persönliche/kollektive Migrationsgeschichten (zurück)schauen?
Der Booklaunch findet in Form einer Lesung und einem Gespräch mit zwei Protagonisten aus dem Band statt. Die Lebensgeschichten der Bergarbeiter werden inhaltlich durch einen einführenden Vortrag des Herausgebers You Jae Lee in den historischen und politischen Kontext eingebettet. Zudem gibt es im Anschluss die Möglichkeit, im Rahmen eines Publikumsgespräches Fragen an die ehemaligen Bergarbeiter und den Herausgeber zu stellen.
Ausführlichere Informationen zum Buch siehe unten unter HINTERGRUND.
Slide Graphik: Dong-Ha Choe; Foto: Bergbau-Archiv 1965
Programm
Lesung und Gespräch am 22.10.2021 um 18:30 – 20:30 h
- Begrüßung durch korientation und Korea-Verband
- Einführender Vortrag „Der Eigensinn der koreanischen Bergarbeiter“, Prof. You Jae Lee (Center for Korean Studies Tübingen)
- Lesung aus dem Interviewband mit Portraitfotos von Dong-Ha Choe
- Gesprächsrunde mit Dong-Chul Lee (Berlin) und Jai-Seung Kim (Eschborn)
moderiert von Jee-Un Kim (korientation), übersetzt von Nataly Han (Korea Verband) - Publikumsgespräch mit Dong-Chul Lee, Jai-Seung Kim und You Jae Lee
Limitierte Plätze für die Teilnahme in Präsenz, daher Anmeldung erforderlich (siehe unten).
Ort: Korea-Verband, Quitzowstr. 103, 10551 Berlin
Die Veranstaltung wird über Youtube live gestreamed (keine Anmeldung erforderlich): https://youtu.be/NFK-6seBI1M
Anmeldung
Eine Anmeldung ist für die persönliche Teilnahme vor Ort im Korea Verband über das Anmeldeformular erforderlich!
Ihr erhaltet rechtzeitig eine Teilnahmebestätigung bzw. eine Absage per Email.
Für den Stream müsst Ihr Euch nicht anmelden.
Corona-Regelungen: Bitte beachtet, dass wir die 2G-Regelungen anwenden. Die Teilnahme vor Ort ist daher nur Genesenen sowie Geimpften nach Eintritt der vollen Schutzwirkung gestattet. Plätze sind limitiert.
Hintergrund
Die Geschichte der ca. 8.000 koreanischen Bergmänner ist ebenso wie die der ca. 11.000 koreanischen Krankenschwestern in Deutschland ein wichtiger Teil der deutschen und koreanischen Migrationsgeschichte sowie Teil der kollektiven Geschichte der koreanischen Diaspora und Asiatisch-Deutschen Communities. Sie ist unmittelbar mit der Entstehungsgeschichte von korientation e.V. verbunden, da der Verein 2008 mehrheitlich von Töchtern und Söhnen dieser Bergarbeiter und Krankenschwestern gegründet und weiterentwickelt/weitergeführt wurde.
Der von You Jae Lee herausgegebene Band „Glück auf! Lebensgeschichten koreanischer Bergarbeiter in Deutschland“ enthält zehn fotographische Portraits und lebensgeschichtliche Interviews dieser spezifischen Migrantengeneration. Die Interviews ermöglichen Einblicke, die in dieser Form und Tiefe bisher noch nicht existieren. Persönliche rückblickende Reflektionen über Geld, Glauben, Arbeitsalltag und Arbeitsorganisation, soziale Mobilität, gesellschaftliche Marginalisierung, Selbstorganisierung, Familien- und Geschlechterverhältnisse sowie sozialen Status, lesen sich sowohl als individuelle Erfahrungen als auch eine kollektive Erzählung einer bestimmten Generation von koreanischen Männern einer bestimmten Berufsgruppe. Es werden auch intimere Aspekte preisgegeben, emotional schmerzhafte Auseinandersetzungen mit Familienmitgliedern in Korea, körperliche Grenzen und Resilienz hinsichtlich der harten physischen Arbeit unter Tage, Prekarität und damit verbundene Sorgen in Hinsicht auf Aufenthaltsstatus und Bestreitung der Lebenshaltungskosten in beruflichen Übergangssituationen, Hoffnungen und Projektionen hinsichtlich der Kinder und zweiten Generation, Erfahrungen diverser Art mit der deutschen Mehrheitsgesellschaft.
Die Unterschiedlichkeit der zehn in dem Band repräsentierten Lebenswege und Erzählungen verweist auf die individuellen Handlungsräume während des Bergarbeiterseins und darüber hinaus. Der Band ist ein wichtiger Baustein für ein wissenschaftliches Archiv koreanischer Migrationsgeschichte und zur Repräsentation Asiatisch-Deutscher Communities.

Kooperation
Das Center for Korean Studies wurde 2018 gegründet, um neben der Abteilung für Koreanistik die Koreaforschung an der Universität Tübingen zu stärken. Forschungsschwerpunkte sind Kolonialismus, Kalter Krieg und Asian German Studies. Seit August 2021 hat ein 10-jähriges Projekt begonnen, das mit Alltags- und globalgeschichtlichen Ansätzen die deutsch-koreanische und europäisch-koreanische Beziehungsgeschichte historisch erforscht. Das von Korean Studies Promotion Service geförderte Projekt umfasst auch die Forschung der koreanischen Diaspora in Europa.
Der Korea Verband ist ein gemeinnütziger Verein, der 1990 aus der Demokratie- und Solidaritätsbewegung für Korea hervorging. Der Verein setzt sich mit vielfältigen Aktionsformen für Menschen- und Bürger*innenrechte ein, sowohl im geteilten Korea, in Europa, als auch auf lokaler Ebene im Kiez und hinterfragt Machtstrukturen aus einer postkolonialen, feministischen und intersektionalen Perspektive.
Projekt MEGA
Die Veranstaltung ist Teil des Modellprojekts MEGA – Media and Empowerment for German Asians des korientation e.V. MEGA hat zum Ziel, das (mediale) Bild von Asiatischen Deutschen und asiatischen Menschen in Deutschland durch selbstbestimmte Erzählungen und Beiträge zu besetzen und zu diversifizieren. Asiatische Deutsche werden darin bestärkt, ihre eigenen Geschichten und Erfahrungen aufzuarbeiten, einzuordnen und zu erzählen, und diese als noch unbeachteten Teil der deutschen Geschichte sichtbarer zu machen.
MEGA Media and Empowerment for German Asians wird vom BMFSFJ im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und durch die Berliner Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales im Partizipations- und Integrationsprogramm gefördert.
