MEGA Workshop „Do(n’t) ask, do(n’t) tell“ + Ausstellung in Kooperation mit Fluctoplasma

„Do(n’t) ask, do(n’t) tell – unsere Geschichten aus Ost und West selbst erzählen“

Worum ging es?

In Asiatisch-Deutschen, asiatisch-diasporischen und asia­ti­schen Familien und anderen engen sozialen Zusammenhängen werden tabui­sierte und kon­flikt­be­ladene Themen oft in der direkten ver­balen Kommunikation aus­ge­blendet, auch wenn alle Beteiligten um deren Existenz wissen. Soziale Rollen, bei­spiels­weise die der „guten“ Tochter zumindest scheinbar nor­mativ zu erfüllen, haben eine hohe Priorität. In weißen Kontexten erfahren zweite Generationen Asiatischer Deutscher den gleich­zei­tigen Druck, sowohl den weißen Normen und dem neo­li­be­ralen Status Quo der Mehrheitsgesellschaft als auch den sozialen Normen der asiatisch-diasporischen Communities zu entsprechen.

Der Titel „Do(n’t) ask, do(n’t) tell – unsere Geschichten aus Ost und West selbst erzählen“ ver­weist im Kontext des Workshops darauf, wie externe, aber auch inter­na­li­sierte Unterdrückungsmechanismen das Erzählen und Weitergeben von Geschichte/n ver­hindern, indem das Sprechen über ein Thema und/oder mit einer anderen Person unmöglich gemacht wird. In der Brechung und dem Wortspiel sind einer­seits Bezüge auf die vormals dis­kri­mi­nie­rende Praxis der „Don’t Ask Don’t Tell“-Policy im US-militärischen Kontext gegenüber queeren Menschen vor­handen, zum anderen aber auch Bezüge zu den Unsagbarkeiten von Geschichten im Kontext von Krieg, Migration und Rassismuserfahrungen in inter­ge­ne­ra­tio­nalen Beziehungen. Das Aufbrechen des Schweigens, des Nichtsagens und Nichtteilens kann in unter­schied­licher Weise und auf unter­schied­lichen Ebenen erfolgen und wird durch die mehr­fachen Brechungen im Titel mit seinen Wort- und Bedeutungskombinationen ver­deut­licht. „Do(n’t) ask, do(n’t) tell“ sollte zum Erforschen und Sichtbarmachen eigener Geschichten ohne Selbstzensur ermutigen.

Was haben wir im Workshop gemacht?

In diesem Workshop haben wir uns mit unseren eigenen Stories sowie brei­teren Fragen von Identität, Zugehörigkeit, Selbstbestimmung und ‑defi­nition und damit zusam­men­hän­genden indi­vi­du­ellen und gesell­schaft­lichen Konflikten beschäftigt. Dabei stand Audio-Storytelling als Instrument im Mittelpunkt under­mög­lichte eine nied­rig­schwellige Auseinandersetzung mit den Themen. Der Zugang und die Annäherung an die eigene(n) Geschichte(n) fand anhand multi-medialer Mittel (audio­vi­suell, Audio, Foto, Text, Objekt etc.) statt, die für das per­sön­liche Archiv der Teilnehmenden gedacht waren.

Der gemeinsame Austausch und die Reflexion innerhalb der Gruppe waren wichtige Bestandteile des Workshops und nährten als kol­lektive Inspiration und gemein­sames Lernen den indi­vi­du­ellen Prozess. Für den Workshop war es wichtig, gemeinsam einen ver­trau­ens­vollen und einen mög­lichst sicheren Raum zu schaffen und in einer kleinen Gruppe von 8 Personen zusammenzukommen.

PRÄSENTATION beim FLUCTOPLASMA-Festival 2021

Im Anschluss an den Workshop wurden die Ergebnisse als Audio-Werke im Sinne einer öffent­lichen Erinnerungskultur beim Fluctoplasma-Festival 2021 im Kölibri als Schaufensterausstellung vom 18.10.–01.11.2021 öffentlich zugänglich und hörbar gemacht. 

Workshop-Leitung

Die DIY-Geschichtenerzählerinnen Phương Thúy Nguyễn und Phương Thanh Nguyễn haben den Workshop geleitet und ihre Erfahrungen mit lebens­ge­schicht­lichen Interviews mit uns geteilt, uns ermutigt und uns auf der Reise zu den eigenen Geschichte(n) begleitet. „Wir möchten kreative Zugänge vor­stellen Geschichte(n) zu erkunden, uns als Teil der Gegenwartsgeschichte und Forscher*innen unserer selbst zu sehen, sowie unsere Geschichte(n) mit unseren Mitteln und Wegen erzählbar machen. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie hat uns per­sönlich und emo­tional sehr bestärkt. Sie hat auch Kommunikationskanäle geöffnet, die zuvor so ver­schlossen schienen, sei es als Schwestern, innerhalb der Familie, im Freund*innenkreis, oder gar mit einer brei­teren Öffentlichkeit.“

TW:

Es ist wichtig sich bewusst zu sein, dass es mit­unter auch schwere und schmerz­hafte Wendungen und Pfade gibt, die einer*m begegnen werden auf diesem Wege. Mensch braucht dafür genug Kapazitäten und eine emo­tionale Bereitschaft sich dem zu öffnen. Deshalb möchten wir auch trans­parent machen, dass wir außerhalb unserer eigenen Erfahrungen selbst keine pro­fes­sio­nelle Ausbildung haben im Umgang mit Traumata bzw. schweren Erfahrungen. Wir können Euch lediglich auf Kontaktstellen für etwaige emo­tionale Schwierigkeiten ver­weisen, und unseren eigenen, per­sön­lichen Umgang damit teilen.

Workshopleiter*innen Kurzbios

Phương Thúy Nguyễn (Kulturwissenschaftlerin/politische Bildnerin) und Phương Thanh Nguyễn (Kommunikationsdesignerin u.a. im Bereich Film und Fotografie) haben 2017 zusammen mit Freund*innen die Werdauer Initiative gegen Rassismus‑W.I.R. gegründet. W.I.R. ist eine anti­ras­sis­tische Plattform für kri­tische Stimmen in Sachsen und orga­ni­siert Filmvorführungen, Workshops und mehr in und außerhalb der Schule.

Beide haben als Teil der Werdauer Initiative gegen Rassismus ihre Bezüge v.a. in Ostdeutschland, und möchten mit dem Workshop auch einen Austausch zwi­schen Asiatisch-Deutschen Menschen und BPoC mit Bezügen zu Asien aus Ost und West (konkret: Hamburg) initiieren.

Im Rahmen von Fluctoplasma soll auch Thanhs Kurzfilm „Sorge 87“ gezeigt werden, der auf über 20 Filmfestivals/Panels zu sehen war und mit meh­reren Preisen aus­ge­zeichnet wurde.

Links:

http://wir-lautstark.de
http://sorge87.de/

WORKSHOP INFOS

TERMINE

  • 29.08.2021Verlängerte Anmeldefrist für den Workshop 
  • 11.09.2021 von 11–16 h: Online Kennenlernen, Input & erstes Brainstorming (4 Std. digital über Zoom zuzüglich Pausen)
  • 12.09. – 08.10.2021 Individueller Prozess und „Produktionsphase“  
  • 09.10.2021 von 10–18 h Vorort-Werkstatt und Finalisierungsprozess, Kölibri im GWA, Hamburg (6 Std. in Präsenz zuzüglich Pausen )
  • 18.10.–01.11.2021 Schaufensterausstellung im Kölibri / GWA sowie Online in Kooperation mit Fluctoplasma Festival

ORT

Kölibri/GWA Sankt Pauli
Hein-Köllisch-Platz 11 + 12
20359 Hamburg

Das Kölibri ist ein offenes Zentrum für die Bewohner*innen des Quartiers St. Pauli. Seit 1989 gibt es dort zahl­reiche Nutzungsmöglichkeiten für kul­tu­relle und poli­tische Veranstaltungen, Projekte für Kinder, Jugendliche und Familien sowie regel­mäßige Freizeit- und Beratungsangebote.

SPRACHE: Deutsche Lautsprache

TEILNEHMENDENZAHL: 8 Personen

ZIELGRUPPE: Asiatische Deutsche / BPoC mit Bezügen zu Asien zwi­schen 18–27 Jahren. Wir möchten ins­be­sondere Personen aus Ostdeutschland, Hamburg und dem Hamburger Umland zur Anmeldung ermu­tigen. Für Teilnehmende aus Ostdeutschland können in begrenztem Umfang Kosten für Anreise und Übernachtung über­nommen werden.

KOOPERATIONSPARTNER

fluc­to­plasma – Hamburgs Festival für Kunst, Diskurs und Diversität ist ein inter­dis­zi­pli­näres Kunstfestival, das zum zweiten Mal vom 21. bis zum 24. Oktober 2021 in Hamburg statt­findet und digital wie analog eine Bühne für artists of color schafft. Bei uns geht es um Kultur, Demokratie und Solidarität – fluc­to­plasma, das sind 96 Stunden für die fluide Stadtgesellschaft.

fluc­to­plasma wird ver­an­staltet vom Verein Fluxus² e.V., unter­stützt vom Produktionsbüro Studio Marshmallow UG
www.fluctoplasma.com | facebook | instagram | TikTok

Projekt MEGA

Der Workshop „Do(n’t) ask, do(n’t) tell – unsere Geschichten aus Ost und West selbst erzählen“ ist Teil des Modellprojekts MEGA – Media and Empowerment for German Asians des kori­en­tation e.V. MEGA hat zum Ziel, das (mediale) Bild von Asiatischen Deutschen und asia­ti­schen Menschen in Deutschland durch selbst­be­stimmte Erzählungen und Beiträge zu besetzen und zu diver­si­fi­zieren. Asiatische Deutsche werden darin bestärkt, ihre eigenen Geschichten und Erfahrungen auf­zu­ar­beiten, ein­zu­ordnen und zu erzählen, und diese als noch unbe­ach­teten Teil der deut­schen Geschichte sicht­barer zu machen.

MEGA Media and Empowerment for German Asians wird vom BMFSFJ im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und durch die Berliner Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales im Partizipations- und Integrationsprogramm gefördert.

Die Veröffentlichung stellt keine Meinungsäußerung des BMFSFJ oder des BAFzA dar.
Für inhalt­liche Aussagen tragen die Autorinnen und Autoren die Verantwortung.