STELLUNGNAHME vom 05. Februar 2020
Diskriminierende Berichterstattung zum Coronavirus
Rassismus „Made in Media“
Die Hashtags #IchBinKeinVirus, #IAmNotAVirus, #JeNeSuisPasUnVirus zirkulieren weltweit in den sozialen Medien. Immer mehr Menschen sehen sich gezwungen öffentlich klar zu stellen, dass sie nichts mit dem Coronavirus zu tun haben, nur weil sie „asiatisch“ aussehen.
Dass diese Aufklärung nötig ist, liegt an einer Vermischung rassistischer Vorurteile mit der diffusen Angst vor dem Coronavirus, die sich in der Medienberichterstattung widerspiegelt.
So fragt die BILD-Zeitung, ob man noch Glückskekse essen oder Pakete aus China annehmen könne und DER SPIEGEL titelt am Samstag: „Corona-Virus. Wenn die Globalisierung zur tödlichen Gefahr wird.“ Das Cover zeigt eine mit rotem Schutzanzug und Atemmaske verhüllte Person. Der Aufmacher in großen, gelben Buchstaben „Made in China“ spielt mit der kolonial-rassistischen Vorstellung der „Gelben Gefahr“ aus dem „Osten“ und löst diskriminierende Assoziationen zu minderwertiger Qualität und Massenproduktion aus. China wird damit als Produktionsstätte eines tödlichen Virus dargestellt und seine gesamte Bevölkerung als Krankheitsträger*innen – die Liste der Beispiele für rassifizierende Berichterstattung zum Coronavirus ist lang.
Menschen, die als asiatisch gelesen werden, werden durch solche Medienberichte ausgegrenzt. Sie werden mit einer Krankheit in Verbindung gebracht, mit der sie nicht mehr zu tun haben als jene Journalist*innen, die solche Berichte produzieren.
Dieses mediale Framing hat reale Konsequenzen: Am Wochenende wurde eine chinesische Staatsbürgerin in Berlin angegriffen und bespuckt, die Polizei geht von einem rassistischen Motiv aus. Asiatische Deutsche und Asiat*innen berichten von einer Zunahme rassistischer Übergriffe, seit es auch in Deutschland die ersten Corona-Fälle gibt.
Eine übersteigerte Angst vor dem Coronavirus rechtfertigt keinen Rassismus. Wir empfehlen bei der Berichterstattung auf diskriminierende Wortwahl und Bildsprache zu achten, nicht ausschließlich die westliche Perspektive einzunehmen sowie die Kulturalisierung einer Viruskrankheit zu vermeiden. Die Aufgabe von Journalist*innen ist zu berichten, ohne dabei ganze Gruppen der Weltbevölkerung zu stigmatisieren.
korientation e.V. und Neue deutsche Medienmacher*innen, die Vorstände
Die Neuen deutschen Medienmacher*innen sind ein bundesweiter Zusammenschluss von Journalist*innen mit und ohne Migrationsgeschichte, die sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzen.
korientation e.V. ist eine Selbstorganisation und ein Netzwerk für asiatisch-deutsche Perspektiven mit einem gesellschaftskritischen Blick auf Politik, Kultur, Film und Medien.