korientation ist eine (post)migrantische Selbstorganisation und ein Netzwerk für Asiatisch-Deutsche Perspektiven mit einem gesellschaftskritischen Blick auf Kultur, Medien und Politik.
xart splitta hat das dritte Jahr ihres Projektes#CommunitiesSolidarischDenken – Überlegungen zu nachhaltiger Community-Zusammenarbeit dem Thema Selbst/Bezeichnungen gewidmet. Ein zentraler Themenschwerpunkt war dabei, sich mit der Vielschichtigkeit des Begriffs „(BI)PoC“ auseinanderzusetzen und sowohl den historischen Bezug zu vorangegangenen Diskursen herzustellen als auch den aktuellen Diskurs um seine Verwendung in unterschiedlichen Communities nachzugehen. korientation war 2022 mit anderen Organisationen und Einzelpersonen Teil einer Fokusgruppe, in der diese Themen diskutiert wurden. Die unterschiedlichen Perspektiven, Ansätze und Positionierungen sowohl der Fokusgruppen-Teilnehmenden sowie weiterer Gruppen und Personen finden sich in derBroschüre „Zusammen als People of Color?!“, die sowohl digital als auch gedruckt Ende 2022 erschienen ist.
Einleitung #CommunitiesSolidarischDenken 1. Begriffsdefinition „People of Color“ von xart splitta 2. “BIPoC” in Europe: What’s in a Name? – Margo Okazawa-Rey 3. Naming the Impossible – Nicola Lauré al-Samarai 4. Intersektional-rassismuskritische Begriffsarbeit – ADEFRA 5. Limitations or Possibilities? It is all in the name – BIWOC* Rising 6. Der Begriff BIPoC: Handlungsspielraum und Befreiungskampf – Armeghan, GLADT e.V. 7. A night out in Brandenburg – Inna Michaeli 8. Arbeit mit und gegen Differenzen – korientation 9. Who are you? – May Zeidani Yufanyi 10. Solidarisches Denken und Handeln (nicht nur) in Begriffen – Koray Yılmaz-Günay, Migrationsrat Berlin (MRB) 11. BIPoC – eine kollektive Zwangsgemeinschaft? – Mina Jawad 37 12. Terming Us into New Obscurity – Red Haircrow 13. Wichtig ist, dass wir miteinander sprechen – Saideh Sadaat-Lendle 14. Der koloniale Prozess und seine grausamen Tentakel – Sandra Bello 15. Leseliste
“Nachdem mein Vater 1968 als sogenannter „Gastarbeiter“ nach Deutschland geholt und ich 1977 hier geboren wurde, darf ich immer noch nicht hier wählen. Ich bin Deutscher, ich werde niemals in “die Heimat” zurückkehren, denn ich bin schon längst da.” Miman Jasarovski, Aktivist und Protagonist von FROM HERE, Mit-Initiator der Kampagne “Passt(t) uns allen”.
Das von der Bundesregierung kürzlich verabschiedete “Chancenaufenthaltsrecht” und die geplante Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes sind zwar Schritte in die richtige Richtung, doch noch weit entfernt von einem „modernen Einwanderungsland“ von dem Olaf Scholz spricht. Die Zeit ist mehr als reif, um endlich unsere Kampagne “Passt(t) uns allen” zu starten! Die Umsetzung unserer Forderungen ist überfällig. Seit Jahrzehnten kämpfen Migrant*innen und solidarische Menschen für die Gleichbehandlung aller, die in Deutschland leben. Es wird Zeit, dass es endlich Realität wird.
Wir sind ein Bündnis von rund 30 migrantischen und rassismuskritischen Interessenvertretungen, Selbstorganisationen, Initiativen und Einzelpersonen. Wir fordern:
Die deutsche Staatsangehörigkeit für alle Menschen, die in Deutschland geboren sind.
Das Recht auf eine unbürokratische und kostenlose Einbürgerung für alle Menschen, die seit mindestens drei Jahren ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben.
Die Möglichkeit, mehrfache Staatsangehörigkeiten zu besitzen.
Das aktive und passive Wahlrecht auf Bundes‑, Landes- und kommunaler Ebene für alle Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt seit mindestens drei Jahren in Deutschland haben.
Unterzeichne unsere Petition, Teile die Petition in deinen Netzwerken, schicke eine E‑mail an Bundestagsabgeordnete und fordere sie auf unsere Forderungen zu unterstützen oder mache ein Video von dir, warum du die Forderungen unterstützt und schicke es uns!
Deutschland hält an dem Abstammungsprinzip fest, wonach ein Kind die Staatsbürgerschaft seiner deutschen Eltern (oder zumindest eines Elternteils) automatisch erhält. Diese Regelung basiert auf dem rassistischen Prinzip der Blutsverwandtschaft (ius sanguinis). Für Kinder ausländischer Eltern ist die deutsche Staatsangehörigkeit an Voraussetzungen geknüpft. Mindestens ein Elternteil muss seit acht Jahren über ein Aufenthaltsrecht verfügen. Diese Praxis verhindert, dass tausende Kinder die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten – und das teilweise über Generationen hinweg. So sind auch Menschen, die hier geboren wurden, staatenlos, von Abschiebung bedroht oder wurden bereits abgeschoben – in Länder, deren Sprache sie oft nicht sprechen, wo sie niemanden kennen und häufig diskriminiert werden. Dass es auch anders möglich ist, zeigen 33 Länder weltweit, in denen ein uneingeschränktes Geburtsortprinzip gilt. Das heißt, Kinder, die dort geboren werden, erhalten sofort die Staatsangehörigkeit. Unabhängig von der Staatsangehörigkeit und dem Aufenthaltsstatus der Eltern.
Wir fordern: Ein uneingeschränktes Geburtsortprinzip – Pass(t) uns allen!
Aktuell sind die Voraussetzungen für eine Einbürgerung unnötig hoch. So können Armut, der Verlust der Wohnung, des Arbeitsplatzes oder das Fahren ohne Fahrschein schon Gründe dafür sein, die Einbürgerung verwehrt zu bekommen. Wie schnell die Einbürgerung erfolgt, unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland – teilweise von Kommune zu Kommune – und ist von der für den Antrag zuständigen Person abhängig. Ein häufig langwieriger, demütigender und intransparenter Prozess. Doch eine unbürokratische Einbürgerung ist möglich. Das zeigt das Beispiel von Millionen “(Spät) Aussiedler*innen”. Wir sollten von dieser positiven Erfahrung lernen.
Wir fordern die Abschaffung aller Einbürgerungshürden – Pass(t) uns allen!
Die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit/en als Voraussetzung für die Einbürgerung hält derzeit viele Menschen davon ab, sich einbürgern zu lassen. Wir leben in einer Gesellschaft, in der es selbstverständlich ist, dass nicht alle Kinder deutsche Eltern haben, dass Menschen migrieren und bleiben, an mehreren Orten zu Hause sind und gesellschaftliche Prozesse, wo sie sind, mitgestalten. Genauso sollte es selbstverständlich sein, mehrere Staatsangehörigkeiten zu besitzen. Für viele ist eine doppelte Staatsangehörigkeit bereits Alltag und stellt kein größeres Problem dar. Dass diese Möglichkeit nicht für alle besteht, ist ungerecht und diskriminierend.
Wir fordern Mehrfachstaatsangehörigkeiten – Pass(t) uns allen!
Wer sich einbürgern lassen will, muss seit mindestens acht Jahren mit einem unbefristeten Aufenthaltsrecht oder einer auf Dauer angelegten Aufenthaltserlaubnis in Deutschland leben. Die Ampel-Koalition hat angekündigt, den Erwerb der Staatsangehörigkeit zu vereinfachen und “bei besonderen Integrationsleistungen” schon nach drei Jahren zu ermöglichen. Das reicht nicht aus! Der Erwerb der Staatsangehörigkeit darf weder von vermeintlichen “Integrationsleistungen” noch vom Aufenthaltsstatus abhängen. Statt einer Hierarchisierung von gesellschaftlicher Teilhabe und Sondergesetzen, wie dem Asylverfahrens- oder Asylbewerberleistungsgesetz, müssen alle gleiche Rechte haben: Das Recht, ohne Angst vor Abschiebung zu leben, den Wohnort frei wählen zu können, Zugang zu gesundheitlicher Versorgung zu haben, zu reisen und das Leben selbstbestimmt zu gestalten.
Wir fordern ein Recht auf Einbürgerung nach drei Jahren für alle, die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben – Pass(t) uns allen!
Selbst wählen zu können oder sich zur Wahl aufstellen zu lassen, ist der Grundpfeiler einer Demokratie. Alle, die von politischen Entscheidungen betroffen sind, müssen diese beeinflussen können, auch wenn sie sich nicht für eine Einbürgerung entscheiden. Das Wahlrecht darf nicht von der deutschen Staatsangehörigkeit, dem Pass abhängen, sondern davon, wo Menschen leben. Bereits seit den 70er Jahren kämpfen Migrant*innen für ein Wahlrecht für alle. Es wird Zeit, dass es endlich Realität wird.
Wir fordern Wahlrecht für alle – Pass(t) uns allen!
WER WIR SIND
Wir sind ein Bündnis aus migrantischen und rassismuskritischen Interessenvertretungen, Selbstorganisationen, Initiativen und Einzelpersonen. Zum Bündnis gehören:
Allerweltshaus Köln e.V.
Allmende e. V.
BBZ- Beratungszentrum und Betreuungszentrum für junge Flüchtlinge und Migrant*innen
Initiative Schwarze Menschen in Deutschland Bund e.V. (ISD)
International Women Space (IWS)
Jugendliche ohne Grenzen
korientation. Netzwerk für Asiatisch-Deutsche Perspektiven e.V
Lateinamerikanische Fraueninitiative in Neukölln e.V.
MigLoom e.V.
MigraNetz e.V.
Migrationsrat Berlin e.V.
Netzwerk WIR WÄHLEN
neue deutsche organisationen – das postmigrantische netzwerk e.V..
Refugees with Attitudes
Roma Antidiscrimination Network (RAN)
Roma Center e.V.
Roma-Trial
RomaniPhen e.V.
Romano Sumnal e.V.
Seebrücke
Statefree e.V.
TBB-Türkischer Bund in Berlin-Brandenburg
Trixiewiz e.V.
Türkische Gemeinde in Deutschland e.V.
With Wings and Roots e.V.
AKTIV WERDEN
Teile die Petition in deinen Netzwerken, schicke eine E‑mail an Bundestagsabgeordnete und fordere sie auf unsere Forderungen zu unterstützen oder mache ein kurzes Video von dir, warum du die Forderungen unterstützt und schicke es uns!
“Das von der Bundesregierung kürzlich verabschiedete Chancenaufenthaltsrecht und die geplante Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes sind zwar Schritte in die richtige Richtung, doch noch weit entfernt von einem „modernen Einwanderungsland“ von dem Olaf Scholz spricht. Aus eigener Erfahrung als sogenannte „Aussiedlerin“, die knapp ein Jahr nach ihrer Ankunft in Deutschland eingebürgert wurde, weiß ich, dass eine andere Einbürgerungspraxis möglich ist! Die Umsetzung unserer Forderungen ist überfällig. Seit Jahrzehnten kämpfen Migrant*innen und solidarische Menschen für die Gleichbehandlung aller, die in Deutschland leben. Es wird Zeit, dass es endlich Realität wird”. Olga Gerstenberger, Politikwissenschaftlerin und Impact Producerin von FROM HERE, Mit-Initiatorin der Kampagne “Pass(t) uns allen”
“Wahlrecht für alle. Demokratie ist das Herz unserer Gesellschaft“. Sanaz Azimipour, Aktivistin, Autorin und Mitgründerin der Kampagne »Nicht ohne Uns 14 Prozent«
„Seit 25 Jahren sind Bürger*innen mit ausländischem Pass (EU) kommunal gleichberechtigte Wähler*innen und Stadträte. Die Zeit ist überreif für gleiche demokratische Rechte für Alle.“ Elisa Calzolari, MigraNetz Thüringen & Netzwerk WIR WÄHLEN
„Wir alle werden erst wirklich gesehen und verstanden, wenn unsere Gesellschaft in ihrer Vielfalt auch akzeptiert und anerkannt wird. Dazu gehört selbstverständlich die Tatsache, dass ein Mensch mehrere Identitäten, mehrere Kulturen und mehrere Sprachen haben kann. Vielfalt zu leben und zu stärken bedeutet darum auch, Zugehörigkeiten Raum zu geben – und das bedeutet damit auch die Anerkennung von Mehrstaatlichkeit.“ Ayşe Demir, Vorstandssprecherin Türkischer Bund in Berlin-Brandenburg (TBB)
„Menschen ohne staatsbürgerliche Rechte leben im permanenten Ausnahmezustand. Sie werden durch den Staat zu Menschen zweiter Klasse degradiert. Ohne grundlegende Rechte müssen viele Betroffene sich ein Leben lang gegen strukturellen und institutionellen Rassismus behaupten. Solange Deutschland insbesondere Migrant*innen und geflüchteten Menschen aus ehemals kolonialisierten Gesellschaften dauerhaft die Staatsbürgerschaft und das Wahlrecht verweigert, ist diese Gesellschaft weder dekolonialisiert noch wirklich anti-rassistisch und demokratisch.” Dr. Kien Nghi Ha, Kulturwissenschaftler und Autor, Mitglied von korientation – Netzwerk für Asiatisch-Deutsche Perspektiven e.V.
„Insbesondere in einer Zeit, in der islamfeindliche, flüchtlingsfeindliche und rassistische Aktivitäten zugenommen haben und immer mehr Zuspruch und Zulauf aus der sogenannten Mitte der Gesellschaft erhalten, sollten Menschen, die von Diskriminierung und Rassismus betroffen sind, die Möglichkeit haben, das Land, in dem sie leben, in dem sie Steuern zahlen, in dem ihre Kinder zur Schule gehen, politisch mitzugestalten.“ Ayşe Demir, Vorstandssprecherin Türkischer Bund in Berlin-Brandenburg (TBB)
„Ich sage immer: Andere Leute haben eine Karriereleiter, und bei uns ist das wirklich ein bisschen so eine Aufenthaltsleiter. Man klettert da hoch, und dann gibt es die Duldung, dann gibt es Asyl, Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis. Und irgendwann schafft man es da hoch.“ Christiana Bukalo – Social Change Maker, Speakerin & Co-Gründerin, Statefree e.V.
“Uns ging und geht es nicht darum, „integrierte“, gut ausgebildete, brauchbare Jugendliche zu werden, sondern darum, dass alle Menschen, die hier leben, ein Bleiberecht bekommen – egal, ob sie für diese kapitalistische Gesellschaft brauchbar oder ob sie alt oder krank sind oder kein Deutsch können, weil sie jahrelang in Lagern gelebt haben”. Mohammed Jouni, Mit-Gründer von Jugendliche ohne Grenzen
TALK #2 in der MEGA Talkreihe „Shut Up And Listen!“
In Diskussionen rund um Empowerment und Widerstand gegen Unterdrückungsverhältnisse wird die Bedeutung des Körpers immer öfter hervorgehoben. Selbstverteidigungskurse wie auch Körper- und Stimmübungen aus den Bereichen Theater, Tanz, Performance und Gesang kommen als Empowermenttools in antirassistischen und queer-feministischen Bewegungskontexten im Umgang mit dem Aufgehalten- und Gestopptwerden im Alltag, in Behörden, in der Schule und anderen Bildungskontexten zunehmend zum Einsatz.
Frei nach dem brasilianischen Theatermacher Augusto Boal, der einmal sagte “It may be that theater in itself is not revolutionary, but have no doubt: it’s a rehearsal for revolution!” “Es mag sein, dass das Theater an sich nicht revolutionär ist, aber zweifeln Sie nicht daran: Es ist eine Probe für die Revolution!” haben wir für die 2. Edition unserer MEGA Talkreihe „Shut Up And Listen!” Gäst*innen eingeladen, die uns erzählen, welches Potenzial sie vor allem in Tanz‑, Perfomance- und somatischer Körperarbeit für persönliche und körperliche Befreiungsmomente sehen, und welche biographischen oder beruflichen Bezüge sie dazu haben.
Vielen Dank an Sarah Naqvi, Olivia Hyunsin Kim, Thu Hoài Trần und Shivā Amiri!
Anmeldung geschlossen.
Termin: 6. Oktober 2022 (Donnerstag) Einlass ab 19:30 h, Beginn um 20 h
Ort:BIWOC* Rising, die Räume sind sowohl per Aufzug als auch via Treppen erreichbar. Bitte beachtet, dass es leider keine rollstuhlgerechten/barrierefreien Toiletten vor Ort gibt. Wenn möglich meldet Euch an, damit wir wissen, mit vielen Personen wir rechnen können. Spontane Teilnahme ist aber auch möglich. Für Wen: Die Talkreihe ist ein Community-Event und richtet sich in erster Linie an BPoC & friends ++++ Corona-Regelung: Tagesaktueller Negativ-(Selbst-)Test und Maske ++++ Dokumentation: Das Panel wird per Video aufgezeichnet und nach dem Event hier auf dieser Seite und auf Youtube zur Verfügung gestellt.
GÄST*INNEN
OLIVIA HYUNSIN KIM
Olivia Hyunsin Kim (올리비아 Hyunsin 金) geboren in Siegen, arbeitet als Künstlerin, Dozentin und Kuratorin in Berlin, Frankfurt a.M. und Seoul. Sie gewann den ersten Platz des Amadeu Antonio Kunstpreises 2019 für „Miss Yellow and Me – I wanna be a musical“. Sie schloss ihren Master in Choreografie und Performance am Institut für Angewandte Theaterwissenschaft Gießen und der HfMDK Frankfurt und ihren Bachelor in Germanistik mit Fokus aus Politikwissenschaften an der Seoul National University mit Auszeichnung ab. 2017 war sie danceWEB Stipendiatin beim Impulstanz, 2020–21 Stipendiatin der Kulturakademie Tarabya und ist 2022 Stipendiatin beim Goethe-Institut Montréal/Choreographisches Zentrum Circuit-Est und Goethe Institut Salvador Bahia.
Unter dem Namen ddanddarakim arbeitet sie in wiederkehrenden Konstellationen mit Künstler*innen aus unterschiedlichen Sparten an choreographischen Arbeiten zu den Themen Körper, Identität und Feminismus. Ihre Arbeiten wurden u.a. in den Sophiensælen Berlin, im Art Sonje Center Seoul, am Mousonturm Frankfurt, im Museo Universitario del Chopo Mexiko City, in der Roten Fabrik Zürich, Rubanah Jakarta, zeitraumexit Mannheim gezeigt. Ihre letze Arbeit „History has failed us, but…“ feierte im Februar 2022 in den Sophiensaelen Première. www.ddanddarakim.net
SARAH NAQVI
Sarah Naqvi‘s Arbeit ist situiert an den Intersektionen von Körpern, Wissen(sproduktion) und kollektiver Befreiung. Sarah biete somatische Körperarbeit an, welche sie machtkritisch und trauma-informiert gestaltet. Sie arbeitet bei Zusammenleben Willkommen und ist Teil des Vorstands von korientation e.V.. Nebenbei ist sie in Form von Workshops und Bildungsarbeit freiberuflich tätig u.a. zu Postkolonialismus, dekolonialer Heilung und Antirassismus.
THU HOÀI TRAN
Thu Hoài Tran ist Theaterregisseur*in und arbeitet an der Schnittstelle von Theater, Wissenschaft & Empowerment. Bisherige Theaterarbeiten liegen im Bereich des partizipatorisch-politischen Theaters. Hoài entwickelte mit einem Ensemble von BIPoC-FLINTA die Performance HALT am Berliner Ringtheater. Als Mitbegründer*in des Instituts für Affirmative Sabotage inszenierte Hoài „Eine Erinnerung, dass wir Viele sind“ am Staatstheater Nürnberg. Wiederkehrendes Element der künstlerischen Arbeiten ist, welche Bedeutung Emotionen für Empowerment- und Solidaritätsprozesse haben. Darüber hinaus ist Hoài als freie*r Bildungsvermittler*in zu Themen wie Rassismuskritik und intersektionaler Feminismus tätig.
MODERATION
Shivā Amiri ist ein*e multimediale Künstler*in, Theatermacher*in, Kurator*in. Shivā arbeitet künstlerisch zu den Themen nicht-binäre queere Realitäten, Rassismus, Trauer und Healing. Shivā sehnt sich nach Orten & Residenzen, um mehr Theater zu machen. Shivā ist Empowertment- und Antidiskriminierungstrainer*in und arbeitet zu den Themen embodied social justice, Rassismus, kritisches Weißsein, Klassismus sowie Cis- und Heteronormativiät. Shivā bietet bundesweit (Theater-)Workshops, Fortbildungen und intersektionale Prozessbegleitung an.
ANMELDUNG geschlossen.
Kooperationspartner
BIWOC* Rising is an empowerment project for women*, transgender and non-binary people, who are facing intersectional discrimination. By creating a safe® work and social club, including training programs, we promote social, professional and economic advancement through an intersectional community.
Zur MEGA-Talkreihe „Shut Up And Listen!“
„Shut Up And Listen!“ ist eine Talkreihe, in der divers positionierte Asiatisch-Deutsche Stimmen aus den Bereichen Medien, Kunst, Wissenschaft, Tanz, Aktivismus und Kultur zusammen-kommen, und über die Themen diskutieren, die uns bei unserem Projekt MEGA besonders am Herzen liegen: (medialer) Widerstand, Empowerment(-räume) und Selbstrepräsentation(en).
Wir laden dazu ein, einfach mal still zu sein und zuzuhören, was unsere spannenden Gäst*innen zu sagen haben, die im deutschen Mainstream immer noch viel zu selten mit und in ihren vielfältigen und auch widersprüchlichen Perspektiven ‚gesehen‘, ‚gehört‘ und ‚gefragt‘ werden. Wir laden unsere Gäst*innen dazu ein, für sich selbst zu sprechen statt besprochen zu werden, ihre Analysen zu teilen statt analysiert zu werden, und sich in ihren uneindeutigen, mehrfachzugehörigen, brüchigen, vorläufigen, stets in Bewegungen befindlichen Subjektivitäten und Geschichten zu zeigen, statt in stereotypen Bildern festgehalten zu werden.
Projekt MEGA
„MEGA“ steht für „Media and Empowerment for German Asians“. Das Projekt hat zum Ziel, Asiatische Deutsche darin zu bestärken, ihre eigenen Geschichten und Erfahrungen aufzuarbeiten, einzuordnen, zu erzählen und sichtbar zu machen. Das (mediale) Bild von Asiatisch-Deutschen Menschen soll durch selbstbestimmte Bilder und Beiträge besetzt und diversifiziert werden. Im Rahmen des Projekts MEGA wird eine Kombination von unterschiedlichen Bildungsformaten entwickelt, um unterschiedliche Bereiche medialer Repräsentation abzudecken.
Diese Veranstaltung wird im Rahmen des Modellprojekts MEGA durchgeführt. MEGA wird durch das BMFSFJ im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ und durch die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales von Berlin im Rahmen des Partizipations- und Integrationsprogramms gefördert.
Der am 16.04.2021 veröffentlichte Offene Briefwurde zum Zeitpunkt seines Erscheinens von 32 asiatisch-deutschen bzw. asiatisch-diasporischen Organisationen und 235 Personen mitgetragen. Hinzu kommen weitere solidarische 175 Individuen sowie 93 unterstützende Organisationen, neben der Amadeu Antonio Stiftung, dem Bundesjugendwerk der Arbeiterwohlfahrt, Each One Teach One, der Stiftung Asienhaus und der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt auch die großen bundesweit agierenden migrantischen Verbände: Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände, Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen, Dachverband der Migrant:innenorganisationen in Ostdeutschland, DaMigra – Dachverband der Migrantinnenorganisationen, neue deutsche organisationen und der Verband für interkulturelle Wohlfahrtspflege, Empowerment und Diversity.
Nachdem der Offene Brief veröffentlicht wurde, folgten viele weitere Mitzeichnungen. Bis zum 16.05.2021 haben zusätzlich 46 Organisationen und 601 weitere Einzelpersonen den Brief mitgezeichnet. Darunter sind Dachorganisationen wie der Antidiskriminierungsverband Deutschland, lokale Verbünde wie der Raum der Kulturen in Neuss oder das bundesweit tätige Aktionsbündnis muslimischer Frauen in Deutschland, die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland und der Verband binationaler Familien und Partnerschaften. Ebenso folgten weitere asiatisch-deutsche Initiativen dem Aufruf wie A.Unit / Afro-Asian Art Project (Wien), SrirachaHotNews (Offenbach am Main) und Vielfalt Vietnam e.V. (Frankfurt am Main).
Obwohl der Offene Brief vielfach Anklang gefunden hat und empowernd wirkt, möchte ich einen kritischen Punkt nicht verschweigen. Bereits kurz vor der Veröffentlichung des Offenen Briefes war mir die Auslassung der rassistischen Morde gegen deutsch-türkische Familien etwa in Mölln und Solingen in den 1990ern Jahren schmerzhaft aufgefallen. Es tut mir weh, dass diese Auslassung mir nicht schon viel früher aufgefallen ist, nämlich während der Abfassung. Im Brief können sicherlich nicht alle Formen rassistischer Gewalt und Ausgrenzung repräsentiert werden. Die Erwähnung von „Hanau“ steht als symbolisches Zeichen, dass in diesem Brief diese anderen Formen mitgedacht werden, auch wenn sie nicht explizit genannt werden. Trotzdem ist das nicht ausreichend, weil das Ungleichgewicht, aber auch die Fragen nach politischer Zentrierung fortbestehen. Vielleicht war dieses Übergehen aber auch eine unterbewusste, funktionale Betriebsblindheit, um diesen Brief überhaupt schreiben zu können und um sich nicht mit der Frage beschäftigen zu müssen, ob der Offene Brief Menschen mit etwa arabischen, indischen, iranischen, kurdischen oder türkischen Vibes politisch als asiatisch-deutsche Betroffene claimen bzw. kontextualisieren darf. Die diffuse, poröse wie widersprüchliche Grenze zwischen unintendierter Ausgrenzung und ungewollter Vereinnahmung ist sehr klein, zur Zeit auf der bewegungspolitischen Community-Ebene unentschieden und daher nur individuell verhandelbar. Aus diesem Grunde war es uns bei den Unterschriften wichtig zu fragen, wie die Betroffenen sich selbst verorten und positionieren. Auf der Ebene der politischen Repräsentation hätte ich zumindest im Möllner Fall İbrahim Arslan fragen können, der 1992 den rassistischen Brandanschlag auf seine Familie überlebte, ob es für ihn Sinn macht, seine Großmutter Bahide Arslan, seine Schwester Yeliz Arslan und seine Cousine Ayşe Yılmaz in diesem Brief namentlich zu erwähnen.
Trotz dieser schwierigen Ambiguität kann dieser Offener Brief in asiatisch-deutschen Zusammenhängen als bahnbrechend bezeichnet werden: Erstmalig hat sich eine sehr breite und starke Koalition von verschiedenen asiatisch-deutschen und asiatisch-diasporischen Organisationen zusammengeschlossen, um öffentlich gegenseitige, transnationale und interkommunale Solidarität gegen anti-asiatischen Rassismus zu demonstrieren. Ebenso ist die wachsende Unterstützung durch NGOs of Color und andere solidarische Organisationen beeindruckend. Zu guter Letzt hat dieser Offene Brief Asiatische Deutsche, asiatisch-diasporische, asiatische und asiatisch identifizierte Menschen, die in und außerhalb Deutschlands leben, dazu ermutigt, politische Forderungen zu erheben. Außergewöhnlich ist auch die intergenerationale, crosskulturelle und sozial inklusive Zusammensetzung der Supporter aus sehr unterschiedlichen asiatischen Communities: Sie reicht vom Koch, Sicherheitsfachmann und Handelstreibenden bis hin zu den üblichen Aktivist*innen, Akademiker*innen und Kulturschaffenden. Neben Zeichnungen von altbekannten Community-Mitgliedern sind auch viele neue Namen von Studierenden und z.T. auch Schüler*innen zu lesen, die sich in diesem Brief wiederfinden können. Ebenso wesentlich ist die Tatsache, dass in diesem Brief Menschen mit Namen aus dem arabischen, türkischen und süd- und westasiatischen Sprachraum sich selbst als Asiatische Deutsche identifizieren – für viele wahrscheinlich zum allerersten Mal.
Aus all diesen Gründen, sowohl was die Stärken als auch die Unzulänglichkeiten angeht, ist das gemeinsame und möglichst gleichberechtigte Coming to Voice ungemein wichtig. Es ist davon auszugehen, dass dieser Offene Brief nicht nur ein Meilenstein bei der Formierung und Öffnung der Bewegung der Asiatischen Deutschen darstellt, sondern sich hoffentlich auch als ein historisches Dokument auf dem Weg in ein postmigrantisches und postkoloniales Deutschland erweisen wird.
Dr. Kien Nghi Ha (Asian German Studies, University of Tübingen)
The open letter was co-signed by 32 Asian-German and Asian-Diasporic organizations and 235 self-identified Asian individuals at the time of its publication. In addition, there are another 175 individuals in solidarity as well as 93 supporting organizations like Amadeu Antonio Foundation, Federal Workers‘ WelfareYouth Organization, Each One Teach One, Asia House Foundation and the Association of Counseling Centers for Victims of Right-Wing, Racist and Anti-Semitic Violence in Germany (VBRG). Furthermore, the major federal immigrant associations are first signatories of the open letter: BAGIV (Federal Working Group of Immigrant Associations), BKMO (Federal Conference of Migrant Organizations), DAMOST (Umbrella Association of Migrants Organizations in East Germany), DaMigra (Umbrella Association of Migrant Women’s Self Organizations), ndo (New German Organizations) and VIW (Association for Intercultural Welfare, Empowerment and Diversity).
After the open letter was published, many more co-signatories followed. By May 16, 2021, more than 46 organizations and 601 individuals have additionally signed the letter, including umbrella organizations such as the Federal Anti-Discrimination Agency of Germany, local alliances such as Space for Cultures in Neuss or the nationwide Action Alliance of Muslim Women in Germany (AmF), Association of Binational Families and Partnerships (IAF) and the Initiative of Black People in Germany (ISD). Likewise, other Asian-German initiatives followed the call such as A.Unit / Afro-Asian Art Project (Vienna), SrirachaHotNews (Offenbach am Main) and Diverse Vietnam (Frankfurt am Main).
Although the open letter has been well received and has an empowering effect, I do not want to conceal a critical point. Shortly before the publication of the open letter, I was painfully aware of the omission of the racist murders against German-Turkish families, for example in Mölln and Solingen in the 1990s. It pains me that this omission did not occur to me much earlier, during the drafting. Certainly not all forms of racist violence and exclusion can be represented in the letter. The mention of “Hanau” stands as a symbolic sign that in this letter these other victims are also thought of even if they are not explicitly mentioned. Nevertheless, this is not sufficient because the imbalance as well as the questions of political centering and focus persist. Perhaps this omission was also a subconscious, functional operational blindness in order to be able to write this letter at all and in order not to have to deal with the difficult question of whether the open letter is politically entitled to claim or contextualize people with for example Arab, Indian, Iranian, Kurdish, or Turkish vibes as Asian-Germans. The diffuse, porous and contradictory line between unintentional exclusion and unintentional appropriation is very small, currently undecided at the community level, and only individually negotiable. Therefore, it was important for us to ask how the people affected position themselves when co-signing this letter. On the level of political representation, I could have asked İbrahim Arslan, who survived the racist arson attack on his family in 1992 in Mölln, whether it made sense for him to mention his grandmother Bahide Arslan, his sister Yeliz Arslan and his cousin Ayşe Yılmaz by name in this letter.
However, the open letter is groundbreaking for the Asian-German context despite this difficult ambiguity in several ways: For the first time, a very broad and strong coalition of diverse Asian-German and Asian-Diasporic organizations has come together to publicly demonstrate mutual, transnational, and intercommunal solidarity against anti-Asian racism. Likewise, the growing support from NGOs of Color and other progressive organizations has been impressive. Last but not least, this open letter has encouraged Asian Germans, Asian diasporic, Asian and Asian identified people living in and outside of Germany to raise political demands. The intergenerational, cross-cultural and socially inclusive composition of supporters from very different Asian communities is also striking: it ranges from cooks, security professionals and tradesmen to the usual suspects including activists, academics and cultural workers. There are veteran and well-known community members but also many new names of Asian students and in some cases even pupils who can be found in this letter. Equally essential is the fact that people with names from the Arabic, Turkish, South and West Asian languages identify themselves in this open letter as Asian Germans – for many also for the very first time.
For all these reasons, pointing to the strengths as well as the shortcomings of this open letter, this joint and equality-based coming to voice is immensely important. It can be assumed that this open letter will not only be a milestone in the formation and diversification of the Asian German Movement, but will hopefully also prove to be a historical document on the way to a post-migrant and post-colonial Germany.
Kien Nghi Ha, promovierter Kultur- und Politikwissenschaftler, forscht zu Asian German Studies an der Universität Tübingen. Als Publizist und Kurator arbeitet er auch zu postkolonialer Kritik, Rassismus und Migration. Neueste Publikationen sind unter anderem der Sammelband Asiatische Deutsche Extended. Vietnamesische Diaspora and Beyond (VÖ Juni 2021) als erweiterte Neuauflagesowie das für die Heinrich Böll Stiftung herausgegebene Dossier Geschlossene Gesellschaft? Exklusion und rassistische Diskriminierung an deutschen Universitäten.
Acht Menschen, davon sechs Frauen mit asiatischer Einwanderungsgeschichte wurden am 16. März in Atlanta, Georgia, USA, ermordet. Als Frauen, als Migrantinnen, waren sie an einem stigmatisierten Arbeitsort beschäftigt, in einer niedrig zugeordneten sozialen Position. Diese sechs ermordeten asiatischen Frauen in Atlanta waren im Alltagsleben potentiell von intersektionaler Diskriminierung betroffen.
Ein weißer Pastorensohn sah sich symbolisch legitimiert, ihnen das Leben zu nehmen. In einem gesellschaftlichen und medialen Umfeld, in dem eine Abwertung von asiatischen Frauen als Norm gesehen wird, lautet die Reaktion auf die Ermordung von acht Menschen: – „He just had a bad day“ – .
Wir sagen laut und klar: Dazu hatte er kein Recht.
Weiße rassistische Terroristen sind Terroristen. Weiße rassistische Terroristen sind keine bedauernswerten Männer mit individuellen Problemen, die das Ermorden von Migrant*innen rechtfertigen. Weiße rassistische Terroristen sollten mit dem vollen Strafmaß für Mord bedacht werden, ohne Strafmilderung aufgrund von „psychologischen Beeinträchtigungen“.
Wer waren die ermordeten asiatischen Frauen? Sie waren sechs starke Frauen aus China und Korea. Sie haben zum Teil auch noch in hohem Alter sehr hart gearbeitet, nicht nur für sich, sondern darüber hinaus, um ihre Familie zu unterstützen. Ihre Geschichte ist in vielerlei Hinsicht universal. In vielen Ländern dieser Erde, auch in Deutschland, arbeiten Migrantinnen aus asiatischen Ländern, um ihre Familien zu unterstützen. Sie arbeiten dabei zum Teil unter sehr prekären Bedingungen. Sie verdienen unsere Anerkennung und unseren Respekt.
Rest in Power. Wir werden euch nicht vergessen.
Der Jahrestag von Hanau ist noch nicht lange her. Es lassen sich nicht alle Aspekte mit den Ereignissen in Atlanta vergleichen. Dennoch sind einige Parallelen im institutionellen Umgang mit rassistischer Gewalt sichtbar. An beiden Orten wurde viel zu spät, wenn überhaupt, auf Anrufe reagiert. Gegebenenfalls hätten noch mehr Menschen vor dem Tod bewahrt werden können, hätte die Polizei den Täter nach den ersten Schüssen am ersten Tatort festgesetzt. Sind rassifizierte Orte, also Orte, an denen sich Migrant*innen aufhalten, den konsequenten Schutz durch den deutschen Staat nicht wert?
Nicht nur Donald Trump sprach und spricht vom „China-Virus“, wenn er Covid-19 meint. Auch in Deutschland haben wir eine rassistische Berichterstattung über die Corona-Pandemie. Der Virus wird rassifiziert und kulturalisiert. Der Virus wird China und asiatischen Körpern herkunftsübergreifend zugeschrieben. Es werden in den deutschen Medien immer wieder Meldungen und Artikel mit Bildern von asiatischen Gesichtern mit Masken illustriert, auch wenn es sich um Infektionsherde in Ischgl handelt. Es wurde ein Sündenbock-Narrativ geschaffen, mit postkolonialen Anleihen – wie beispielsweise die Reproduktion des Begriffs „gelbe Gefahr“, vermischt mit einer Prise Verschwörungstheorien. Mit diesem Medialen Framing wird eine symbolische Legitimation für Angriffe auf und Diskriminierung von asiatischen und Asiatisch-Deutschen Menschen geschaffen. Und die Anzahl der Angriffe und Diskriminierungsfälle, insbesondere im öffentlichen Raum, ist seit dem Beginn dieser Berichterstattung nachweislich hochgegangen.
Anti-asiatischer Rassismus besteht natürlich nicht erst seit dem Beginn der Corona-Pandemie und seit den Morden von Atlanta. In unserem kollektiven Gedächtnis befinden sich die deutsche Kolonialpolitik in China, die „Chinesenaktion“ von 1944, die Pogrome von Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen, um nur einige historischen Ereignisse zu nennen. Es gibt eine unvollständige Liste von individuellen rassistischen Morden an asiatischen Menschen, dazu gehören Đỗ Anh Lân und Nguyễn Ngọc Châu (1980 in Hamburg), Phan Văn Toản (1997) oder Lie Yangjie (2016).
Mit Atlanta und Hanau als aktuelle und krasse Höhepunkte rassistischer Gewalt vor Augen müssen wir uns alle dafür einsetzen, dass diese Morde nicht im normativen Alltagsgeschehen untergehen und vergessen werden. Wir zeigen Solidarität mit den Opfern dieser Anschläge und ihren Freund*innen und Familien.
Das bedeutet für uns gleichzeitig, auch für unsere eigene Zukunft, unsere eigene Sicherheit und Gleichberechtigung in diesem Land zu kämpfen!
Die Demokratie in der wir leben, muss strukturell von Grund auf diskriminierungsärmer gestaltet werden. Es muss ein gesellschaftliches Klima geschaffen werden, in dem Rassist*innen keine Legitimation mehr finden, auf keiner Ebene.
Forderungen:
Wir fordern von der deutschen Regierung und Gesellschaft eine konsequente und transparente strafrechtliche Verfolgung von rassistischen Morden und Straftaten.
Wir fordern eine klare und deutliche Verurteilung von Rassismus und rassistisch motivierten Gewalttaten durch Politiker:innen, Behörden, Schulen, Polizei und Verwaltung sowie Personen des öffentlichen Lebens aus allen Bereichen der Gesellschaft.
Wir fordern Sensibilisierungsmaßnahmen zu anti-asiatischem Rassismus für alle Angestellten im öffentlichen Dienst, dazu gehört auch die Polizei.
Wir fordern die Anerkennung von anti-asiatischem Rassismus im Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus.
Wir fordern die Einführung einer migrantische Quote von 30% im öffentlichen Dienst.
Wir fordern die Aufnahme der deutschen Kolonialgeschichte sowie von Asiatisch-Deutschen Migrationsgeschichte(n) in das reguläre Curriculum von Insitutionen mit Bildungsauftrag.
Wir fordern eine solidarische Parteilichkeit mit von Rassismus Betroffenen.
Wir, als Teil der Asiatischen Diaspora, veranstalten eine Demonstration in Gedenken und in Widerstand für die 8 Opfer des rassistischen Anschlags in Atlanta am 16. März 2021 – 6 der Opfer waren asiatische Frauen. Angesichts weißer Vorherrschaft (white supremacy), den kapitalistischen, rassistischen und sexistisch patriarchalen Strukturen in den USA, Deutschland und global, sprechen wir von einem geplanten Massaker und lehnen es ab, diese auf eine Schießerei zu reduzieren!
Am Sonntag, den 28. März um 14 Uhr, veranstalten wir eine Demonstration vor der US-amerikanischen Botschaft beim Brandenburger Tor gegen white supremacy, Kapitalismus, Rassismus und Sexismus, um unsere Forderungen laut und klar mitzuteilen. Wir lehnen die Narrative ab, dass Polizeiintervention eine Lösung ist, und rufen unsere Community auf, zu einer antirassistischen, antisexistischen und antikapitalistischen Agenda beizutragen. Wir solidarisieren uns mit Schwarzen, Indigenen sowie People of Color Arbeiter*innen und Communities sowie mit allen Betroffenen von Rassismus.
Bitte tragt Masken und haltet die Hygienemaßnahmen ein.
Bildbeschreibung: Ein blaues Poster, in dessen Mitte ein Bild in Ovalform zu sehen ist. Das ovale Bild zeigt eine Person, die in einen Lautsprecher spricht. Oben links auf dem Poster steht „In Memory In Resistance“. Rechts daneben steht „Veranstaltet von und in Solidarität mit asiatischen Diaspora Gemeinschaften“. Relativ mittig im Bild steht der Titel, der über das ovale Bild teilweise rübergelegt ist: „Demonstration für die Opfer des rassistischen Anschlags in Atlanta“. Unten links steht die Ortsangabe „US-Botschaft / Brandenburger Tor Mitte, Berlin“. Daneben steht das Datum „Sonntag 28.03.2021, 14 Uhr“. Ganz unten steht unser Hashtag #SolidaritätMitAtlanta.
[English] We, as part of the Asian Diaspora community, are hosting a demonstration in memory and in resistance for the 8 victims of the racist shooting in Atlanta on March 16th, 6 of whom were Asian women. We refuse to name this shooting as anything other than a massacre done in light of the white supremacy, misogyny and capitalism that thrives in both the U.S. and Germany and globally!
On Sunday, 28 March at 2pm we will hold a rally in front of the U.S. Embassy by Brandenburger Tor against white supremacy, capitalism, racism and sexism to make sure our demands are made loud and clear! We stand in solidarity with the Black, Indigenous and People of Color-workers and communities as well as all victims of racism!
Please don’t forget your masks and keep social distance.
The demo program including speakers and artists will be added to our facebook event page and announced in our stories soon.
Please visit our link.tree for links to all GoFundMe’s from the victims‘ families, our money pool to be used for organisation expenses, and our facebook event page: https://linktr.ee/InMemoryInResistance
Image description: A blue poster with an image in the middle of a person holding a megaphone and speaking. Top left of the poster says, „In Memory In Resistence“. Top right of the poster says „Hosted by and in solidarity with asian diaspora communities“. Main text of the poster says, „A demonstration for the Atlanta shooting victims“. Bottom left of the poster says „US Embassy / Brandenburger Tor Mitte, Berlin“ Bottom right says „Sunday 28.03.2021 2PM“ Final text at the very bottom of the poster says „#solidaritätmitatlanta“.
[Korean] 우리, 아시아 디아스포라 공동체는 3월 16일의 애틀랜타 총기난사 사건이 낳은 6명의 아시안 여성을 포함한 희생자 8명을 추모하고 그에 저항하는 시위를 벌입니다. 우리는 이 총격 사건을 미국과 독일 그리고 세계적으로 커져가는 백인 우월주의, 여성 혐오, 자본주의에 비추어 행해진 대학살 그 외의 어떤 것으로도 명명하기를 거부합니다.
3월 28일 일요일 오후 2시, 우리의 요구를 크고 분명하게 전달하기 위해 브란덴부르크 토르 옆 미국 대사관 앞에서 백인 우월주의, 자본주의, 인종주의와 성차별에 반대하는 시위를 열 것입니다! 우리는 경찰의 개입이 해결책이라는 생각을 거부하고 우리 지역사회가 흑인, 원주민, 그리고 유색인종들과 연대하여 폐지론적 의제에 기여할 것을 촉구합니다!
모두 마스크를 지참하고 사회적 거리를 유지하세요.
[Vietnamese] Chúng tôi, một phần của cộng đồng người dân châu Á, đang tổ chức một buổi canh thức để tưởng nhớ 8 nạn nhân bị thảm sát trong vụ nổ súng ở Atlanta vào ngày 16 tháng 3, trong đó có 6 người là phụ nữ châu Á. Chúng tôi tạm gọi vụ thảm sát này là hậu quả của phân biệt giới tính nam nữ và quyền bình đẳng của Phụ Nữ cũng như sự thống trị của chủ nghĩa tư bản và quyền lực của người da trắng tại Hoa Kỳ, Đức và trên toàn thế giới.
Vào 2 giờ chiều chủ nhật ngày 28 tháng 3 năm 2021, chúng tôi sẽ tổ chức một buổi diễn tập trước toà nhà Lãnh Sự Quán Mỹ tại Đức ở Branden Burger Tor để chống lại sự quyền lực của người da trắng, chủ nghĩa tư bản, sự phân biệt chủng tộc, và chế độ phụ hệ. Chúng tôi muốn tiếng nói và yêu cầu của chúng tôi được ghi nhận.Chúng tôi phản đối sự can thiệp của cảnh sát là giải pháp và kêu gọi cộng đồng đoàn kết và hỗ trợ các cộng đồng người Da Đen, bản địa, và da màu.
Xin đeo khẩu trang khi đến tham dự sự kiện, và nhớ giữ khoảng cách an toàn giữa mọi người.
„The Bubbly T’s“ teilen heute den Radiobeitrag der Ini Postmigrantisches Radio zum ersten Jahrestag von Hanau.
„Wir, das ist die Initiative Postmigrantisches Radio, möchten einen Teil dazu beitragen, das Gedenken und Erinnern an die Menschen, die beim Terroranschlag in Hanau am 19. Februar ums Leben kamen, für alle Menschen möglich sein kann und nicht vergessen wird. Wir möchten auch dazu beitragen, dass die Wünsche und die politischen Forderungen der Angehörigen und Betroffenen erfüllt werden. Dafür haben wir einen Radio Beitrag zusammengestellt, mit dem wir erinnern wollen, dass der 19. Februar kein normaler Tag für die meisten Menschen in Deutschland mehr sein wird. Wir bitten euch, wenn möglich diesen 5 minütigen Radiobeitrag in euren Radios zu spielen/auf euren Plattformen hochzuladen.
Ein paar Worte zu unserer Initiative: Wir sind eine Gruppe von Menschen, die sich über das Medium des Radios kritisch mit Herrschafts- und Machtstrukturen der weißen Mehrheitsgesellschaft auseinander setzt. Wir bezeichnen uns als postmigrantisch, migrantisch, queer, kanackisch, BPOC und repräsentieren all das, wovor die AFD und Horst Seehofer Angst haben. Wir sind die Gesellschaft der Vielen, die die Differenz zum Ausganspunkt unseres Schaffens macht und diese Unterschiede im Radio über Diskurs, Politik, Musik und Pop-Kultur zum Thema machen will. Der Jingle soll im Rahmen unsere derzeitigen Möglichkeiten ein Beitrag dazu leisten das Erinnern an Hanau Bundesweit zum Thema zu machen und daran zu erinnern das wir alle dafür verantwortlich sind, dass es kein weiteres Hanau geben wird.“
Von Hoyerswerda nach Hanau – rechter Terror und struktureller Rassismus waren nie Einzelfälle. Wir fühlen mit den Angehörigen und Freund*innen der Opfer von Hanau und fordern lückenlose Aufklärung! We remember and we won’t forget.
Eine Nacht im April, knapp drei Monate nach Ausbruch der COVID-19-Pandemie in Deutschland: Eine Gruppe Mitfahrender belästigt ein südkoreanisches Paar mit sexistischen und rassistischen Beleidigungen in der Berliner U‑Bahn. Zwei weitere Mitfahrende beobachten den Vorfall unter Gelächter. Als eine der betroffenen Personen beginnt den Vorfall per Handykamera zu dokumentieren, greift ein Teil der Gruppe das Paar körperlich an und bespuckt die beiden. Die Polizei wird noch während der U‑Bahnfahrt eingeschaltet. Sie kann die aus der U‑Bahnstation Fehrbelliner Platz flüchtenden Angreifer nicht stellen, macht aber die beiden Beobachter*innen ausfindig.
Das Paar will Anzeige stellen, was die Polizei jedoch mit der Begründung ablehnt, dass es sich seitens der Angreifenden nicht um rassistisches Verhalten handele. Erst nachdem eine der beiden Betroffenen telefonisch den südkoreanischen Vizekonsul kontaktiert, lenken die Polizist*innen ein. Sie nehmen nun zwei Anzeigen auf, unter anderem auch eine gegen die beiden Betroffenen: Die beiden Beobachter*innen fühlen sich rassistisch beleidigt. Das Paar hat sie als Rassist*innen bezeichnet.
Rassismus in Zeiten von Corona
Seit Beginn der Corona-Pandemie hat die Zahl und das Ausmaß an verbaler und körperlicher Gewalt gegenüber asiatisch gelesenen Personen in Deutschland und auch weltweit stark zugenommen. Erfahrungen, die Betroffene über Social Media öffentlich machen, decken sich mit den Daten aus dem Infopapier zu Diskriminierungserfahrungen im Zusammenhang mit der Corona-Krise. Dieses hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes Anfang Mai bereitgestellt.
Von den 100 Beratungsanfragen, die bis Mitte April im Zusammenhang mit dem Coronavirus eingegangen sind, handelt es sich in 58 Fällen um Diskriminierungserfahrungen aus rassistischen Gründen, besonders von Personen, denen eine asiatische Herkunft zugeschrieben wird. Die Erfahrungen reichen von verbalen und körperlichen Attacken zur Verweigerung von medizinischen Behandlungen oder Dienstleistungen und Bedrohungen durch Hassbotschaften am Arbeitsplatz und am Wohnort. Auch Fälle von institutionellem Rassismus wurden gemeldet, z.B. durch Racial Profiling, also Polizeikontrollen auf Basis von stereotypisierenden Annahmen und äußerlichen Merkmalen.
Die Dunkelziffer rassistischer Übergriffe auf asiatisch gelesene Personen ist auf ein Vielfaches höher einzuschätzen. Darauf lassen die zahlreichen Erfahrungen und Zeug*innenberichte schließen, die Betroffene bisher in privaten Accounts in den sozialen Netzwerken, der Presse und unter dem Hashtag #IchBinKeinVirus geteilt haben. Dazu kommen die Erlebnisse all derjenigen, die sich dazu entschieden haben, mit diesen individuellen und oft schamvollen Erfahrungen nicht nach außen zu treten oder die keinen Zugang zu Hilfs- und Dokumentationsstrukturen haben.
Rassistische Berichterstattung zu Corona
Ebenfalls mit Beginn der Corona-Pandemie haben korientation und viele andere Asiatisch-Deutsche Akteur*innen einen Anstieg problematischer Medienberichterstattung zu COVID-19 festgestellt und öffentlich darauf hingewiesen. Bereits am 5. Februar hat das Team von korientation gemeinsam mit den Neuen deutschen Medienmacher*innen in der Pressemitteilung „Rassismus ‚Made in Media‘ – Diskriminierende Berichterstattung zum Coronavirus“ darauf aufmerksam gemacht. Die Pressemitteilung weist auf den Zusammenhang von diskriminierendem und kulturalisierendem Framing und/oder mehrdeutigen, stereotypisierenden, klischeebeladenen und unsachlichen Text-Bild-Verknüpfungen in Beiträgen vom Spiegel, der Bild und des FOCUS Magazins und dem wachsenden anti-asiatischem Rassismus hin. Trotz Hinweisen und Handlungsvorschlägen zum diskriminierungssensiblen Berichten wird die Liste der Artikel, Cover und Bebilderungen, die anti-asiatischen Rassismus befeuern bis heute stetig länger.
Wir alle wissen, dass stereotypisierende und suggestive Sprache und Bilder beeinflussen, wie Menschen wahrgenommen werden. Dabei geht es nicht allein um Worte einiger weniger aus dem konservativen und rechten Spektrum. Auch mediale Berichterstattung hat darin eine Verantwortung. Sie ist nicht unschuldig, denn: Bilder wecken Assoziationen, Sprache schafft Wirklichkeit und Worte führen zu Taten. Bebilderungen von Integrationsdebatten mit kopftuchtragenden Frauen (meist von hinten) oder Generalverdächtigung eines gesamten Berliner Stadtteils als „Clan-Kriminelle“ gehören dazu. Wir wissen historisch durch den Nationalsozialismus und erleben gegenwärtig mit den NSU Morden und den Morden in Hanau, wie diskriminierende Repräsentation von Minderheiten zu tödlichen Konsequenzen führt.
Wenn der Spiegel schreibt: „CORONA VIRUS – Made in China [in gelber Schrift] – Wenn Globalisierung zur tödlichen Gefahr wird“, der Schwarzwälder Bote über einen lokalen Karneval mit dem Titel „Chinese mit Atemschutzmaske baumelt über der Stadt“ berichtet und der Cicero seine Mai-Ausgabe mit „Gruß aus Wuhan – China, Corona und der Schaden für die Welt“ betitelt, wissen asiatische gelesene Menschen und BIPoC, was als nächstes passiert – nämlich angespuckt, beleidigt, mit Desinfektionsmittel eingesprüht, vom Fahrrad geschubst werden und mehr.
Vielen ist dies nicht bewusst, andere blenden es aus. Wir bezweifeln jedoch, dass es saubere journalistische Arbeit ist, Bilder wie „die Gelbe Gefahr“, die ihren rassistischen Ursprung in der Kolonialzeit haben, ohne Kontextualisierung auf die Corona-Pandemie zu übertragen und wieder salonfähig zu machen. Gleiches gilt für Redaktionen, die mit dem Schüren von Panik und der Emotionalisierung ihrer Leser*innen darauf abzielen, ihre Auflage- und Absatzzahlen zu steigern. Ob unbewusst oder ignorant, sie handeln fahrlässig und nehmen für kapitalistischen Gewinn in Kauf, rassistische Gewalt zu verstärken.
Fremddarstellung von asiatisch gelesenen Menschen und ihre Folgen
Was vielen nicht-asiatischen Menschen vermutlich auch nicht bewusst ist: Die Fremddarstellung asiatisch gelesener Menschen hat eine lange Kontinuität, deren Auswirkungen asiatische Menschen heute noch spüren.
Nehmen wir das Beispiel „Yellow Fever“ – oder in anderen Worten: die Fetischisierung asiatischer Frauen*. Yellow Fever gründet auf dem Bild der (sexuell) unterwürfigen asiatischen Frau*, das – wer hätte es geahnt – ein weißer Schriftsteller namens Pierre Loti im Jahr 1887 als Motiv für seine Novelle „Madame Chrysanthème“ gewählt hat und das seitdem in Opern, Musicals und zahlreichen Filmen bis heute reproduziert wird. Verstärkt wurde dieses Bild durch systematische Förderung von Prostitution in süd‑, süd-ost- und ost-asiatischen Ländern zum Zweck der „Rest and Relaxation“ US-amerikanischer Soldaten während der Kriege in Japan, Korea und Vietnam. 85% der US-Soldaten gaben an, bei dieser Gelegenheit sexuellen Kontakt zu einer Prostituierten gehabt zu haben. Diese Fetischisierung wiederum spiegelt sich in den hohen Klickzahlen der rassifizierten Pornokategorie „asiatisch“ und hat negativen Einfluss auf die Lebensrealitäten asiatisch gelesener Frauen*. korientation wurde Anfang April von einer betroffenen Person über gehäufte Fälle informiert, in denen ein weißer Mann in Berlin-Kreuzberg gezielt asiatische Frauen* digital gestalked, sexuell belästigt und emotional manipuliert hat.
Model Minority Myth und anti-asiatischer Rassismus
Mit der Zuschreibung, eine „Model Minority“, also die „gut Integrierten“ zu sein, erfahren manche asiatisch gelesene Personen (v.a. die sichtbaren) im Vergleich zu anderen negativ stigmatisierten People of Color (u.a. auch weniger sichtbare asiatische* Gruppen) eine gesellschaftliche Besserbehandlung. Der Preis für diese Privilegien ist die Erfüllung und Verinnerlichung der stereotypen Rolle der „stillen Asiat*innen“ und entsprechend dankbares Verhalten. Doch diese Rechnung geht nicht auf, denn über diese vermeintlich „positive“ (vor allem aber auch paternalistische) Zuschreibung werden die verschiedenen von Rassismus negativ betroffenen Gruppen hierarchisiert und gegeneinander ausgespielt. Und der Rassismus gegen asiatisch gelesene Personen existiert trotzdem, auch wenn Betroffenen ihre Rassismuserfahrungen oft abgesprochen oder nicht ernst genommen werden.
Besonders problematisch wird es, wenn dies durch diejenigen Strukturen geschieht, deren Aufgabe es ist, Personen zu schützen, Straftaten zu verfolgen und Täter*innen zur Verantwortung zu ziehen. Das Verhalten der Polizei, die im Angriff auf das eingangs genannte koreanische Paar weder sexuelle noch rassistische Belästigung erkennen wollte, findet dabei auf der vergleichsweise noch „harmloseren“ Seite des Spektrums institutionellen Rassismus statt.
Wir möchten an dieser Stelle aber auch daran erinnern:
Dass beim mehrmals in der Presse angekündigten Pogrom in Rostock-Lichtenhagen von 1992 sowohl die Polizei als auch die Landesregierung von Mecklenburg Vorpommern rassistische Motive ignoriert, und Hilfeleistung und Strafverfolgung unterlassen haben.
Dass die Polizei bei einer Festnahme vietnamesischer Männer 1993 in Bernau und 1994 in Leipzig Racial Profiling, rassistische und sexualisierte Gewalt angewendet hat.
Rassismus gegen asiatisch gelesene Personen ist eine von vielen verschiedenen Formen des „Othering“, also der Konstruktion eines rassifizierten „Anderen“. Er findet auf unterschiedlichen strukturellen Ebenen, in unterschiedlichen Bereichen, mit unterschiedlichen geschichtlichen Kontexten und in unterschiedlichen Funktionen statt. Er ist oftmals geschlechtsspezifisch und variiert auch entlang anderer Diskriminierungskategorien. Er ist ebenso vielfältig wie die Positionierungen asiatisch gelesener Menschen in Deutschland. Der spezifisch mit der Corona-Pandemie aufflammende Rassismus richtet sich in unterschiedlichen Ausprägungen auch gegen Jüdische Menschen, Sint*ezza und Rom*nja, Schwarze Menschen und andere People of Color. Eine fehlende Positionierung bzw. Schweigen und Abwertung ihrer Rassismuserfahrungen (nicht nur im Corona-Kontext) sind Bestandteile einer Dynamik, mit der Betroffenen gezeigt wird, dass sie in der Gesellschaft keine gleichwertige Position einnehmen.
Als Netzwerk für Asiatisch-Deutsche Perspektiven schließen wir folgendes Fazit:
Politiker*innen, Behörden, Schulen, Polizei und Verwaltungen müssen das Thema anti-asiatischer Rassismus aufgreifen und eine klare Stellung dazu beziehen. Außenminister Heiko Maas hatte sich Anfang April zwar kritisch zu den im Coronakontext aufgetretenen Beleidigungen gegenüber Französ*innen geäußert, anti-asiatischer Rassismus scheint aber bisher kein Thema zu sein. Wenn staatliche Institutionen dazu schweigen, vermittelt dies die Botschaft, dass rassistisches Verhalten akzeptiert wird und erlaubt ist. Institutionen müssen einen Plan und Regeln entwickeln, wie mit rassistischem und diskriminierendem Verhalten umgegangen werden soll.
Alle Polizist*innen müssen verbale und körperliche Angriffe auf asiatisch gelesene Menschen ernstnehmen und ihrer Verpflichtung nachkommen, dagegen Anzeige aufzunehmen. Die Polizei muss sich sowohl intern als auch im Kontakt nach außen ernsthaft mit diesem Thema beschäftigen und sich sensibilisieren. Für die Betroffenen rassistischer Übergriffe ist es doppelt traumatisierend, wenn ihnen vermittelt wird, dass ihre Erfahrungen eine Strafverfolgung nicht wert sind.
Personen, die nicht negativ von Rassismus betroffen sind, sollen Erfahrungen asiatisch gelesener Menschen nicht in Frage stellen oder verharmlosen und jede Form von anti-asiatischem Rassismus unterlassen. Daher der Appell: Wenn Ihr rassistische Übergriffe beobachtet, zeigt Euch solidarisch und leistet Beistand. Lasst rassistisches Verhalten nicht einfach stehen oder ignoriert es. Jede Person, die sich in so einem Fall kritisch äußert, kann Vorbild für andere sein.
Medienschaffende müssen sich und ihre Redaktionen grundsätzlich und speziell im Kontext der Corona-Pandemie auf kulturalisierendes, stereotypisierendes, unsachliches oder rassistisches Framing bzw. Bild-Text-Verknüpfungen überprüfen und nachbessern. Als Hilfestellung, wie es besser gemacht werden kann, empfehlen wir Glossare und Leitfäden zum diskriminierungssensiblen Sprachgebrauch. Auf der Webseite von No Hate Speech https://no-hate-speech.de/de/wissen/ ist eine Sammlung zu finden.